Mittwoch, 16. August 2023: Auf dem Programm heute: Seniorentour ins Tannheimer Tal, auf die Große Schlicke, mit Anna und Franz als Guides (das deutsche Wort wird meist nicht mehr verwendet, Anmerkung der Geschäftsstelle) und 15 Teilnehmenden (geschlechtsneutral formuliert). Ich freute mich, denn schon um kurz vor sieben Uhr war klar, dass diese Tour wettertechnisch wirklich stattfinden würde: Die Luft war klar und frisch, der Himmel strahlend blau, die Sonne lachte geradezu von oben herab. Als ob Petrus sich entschuldigen würde für das Schietwetter (norddeutsches Wort für sehr schlechtes Wetter), mit dem er uns die Male vorher an unsere Grenzen gebracht hatte. Treffpunkt war am Oberstdorfer Busbahnhof, sodass es in Fahrgemeinschaften ins Nachbarland Österreich ging. Ich brauchte zum Glück nicht selbst fahren, denn die vielen Kringel des Oberjochs, dazu noch stark frequentiert von Rennradfahrern (die männliche Form ist hier richtig), bereitet einer an die norddeutsche Tiefebene gewöhnten Autofahrerin wie mir doch etwas Stress. Die Autofahrt verlief sehr kurzweilig, vorbei an immer wieder neuen Bergkulissen, die eingerahmt vom satten Grün der Wiesen und dem Blau des Himmels eine unglaubliche Landschaftsvielfalt repräsentieren. Auch die Gesprächsthemen waren sehr interessant, machten sie doch deutlich, dass selbst auf diesem lieblichen Fleckchen Erde Schatten der Vergangenheit zu finden sind: Die Sonthofener Ordensburg, grün bewachsene Schützengräben am Oberjoch und Informationen über das gegen Ende des Zweiten Weltkrieges durch amerikanische Artillerie fast völlig zerstörte Grän. Doch spätestens als wir an der Bahn zum Füssener Jöchle eintrafen und unsere sommerlich gekleidete Runde von Anna freundlich begrüßt wurde, waren die dunklen Gedanken verschwunden und wir zogen fröhlich los. Anna vorweg, alle anderen im Gänsemarsch hinterher und Franz sozusagen als Besenwagen hintendran. Erst war der Weg noch ziemlich rutschig, weil es die Tage vorher immer wieder geregnet hatte, aber es wurde wärmer und wärmer und damit bekam auch der Weg zunehmend Grip. Ich machte mir Gedanken über den Namen „Schlicke“, kommt er vom norddeutschen Wort Schlick (= Matsch)? Vielleicht in dem Sinne, dass Schlick ziemlich glatt ist, wie es sich auch im englischen „slick“ zeigt? Selbst Dr. Google, abends zu Rate gezogen, gab keinen Aufschluss. Egal, es ging auf und ab, zunehmend nur auf, über Stock und Stein, sodass einige die Wanderstöcke zusammenpackten, andere weiter darauf schworen. An den letzten steilen Passagen gabelte Anna noch ein Paar aus Memmingen auf, das etwas unsicher über die Felsen stakste, dann aber, von uns in die Mitte genommen, auch sicher den Gipfel erklomm. Oben durften wir uns dann ergötzen, an unseren mitgebrachten Getränken und Imbissen, an den schroffen Felsen der Tannheimer „Dolomiten“ Gehrenspitze, Köllenspitze, Gimpel und Rote Flüh, an Blicken ins weite, eben erscheinende Alpenvorland mit Weißensee, Hopfensee, Forggensee. Sogar die Königsschlösser konnte man schemenhaft erkennen. Gegen 12 Uhr machten wir uns in aller Ruhe auf den Rückweg und waren froh, dass dieser nicht allzu weit war, denn es wurde heißer und heißer. Immer wieder mussten entgegenkommende Wanderer und Wanderinnen warten, bis unsere kleine Karawane sie passiert hatte. Wir wurden sogar gefragt, ob irgendwo ein Nest sei. Etwas früher als geplant trafen wir auf der Sonnenalm ein, sodass andere Gäste, die an den beiden für uns reservierten Tischen saßen, diese räumen mussten. Bei Speisen und Getränken und erneut vielfältigen Gesprächen ließen wir den Tag ausklingen, fuhren gemächlich mit der Gondel nach unten und stiegen in unsere Autos. Wieder glitt, während ich dem Oberstdorfer Dialekt von Fahrerin und Beifahrer lauschte und längst nicht alles verstehen konnte, diese unglaubliche Landschaft an mir vorbei, und ich wurde mir bewusst, dass ich diese nach meinem Ferienende sehr vermissen würde. Aber eine Galgenfrist hatte ich: Noch eine Wanderung mit der Seniorengruppe in der folgenden Woche.
Silke